Eine Weile standen sie schweigend da und lauschten dem Zwitschern und Rauschen, dem Brausen und Singen und Plätschern in ihrem Wald. Alle Bäume und alle Wasser und alle grünen Büsche waren voller Leben, von überall her erscholl das starke, wilde Lied des Frühlings. „Hier stehe ich und spüre, wie der Winter aus mir herausrinnt“, sagte Ronja. „Bald bin ich so leicht, dass ich fliegen kann.“
Dies ist ein Zitat aus dem Stück Ronja Räubertochter, dass die Klassen 7b und 7c gemeinsam mit ihren Klassenlehrern Frau Seidelmann und Herr Wassermann im Staatstheater in Stuttgart besuchten.
Bei uns steht nun jahreszeitlich nicht der Frühling vor der Tür, sondern die Winterzeit und da ging es für die beiden Schulklassen, im Rahmen des Deutschunterrichts, wieder traditionell ins Weihnachtstheater.
Ronjas Welt ist cool und wurde auch so für die junge Zielgruppe interpretiert. Astrid Lindgrens Abenteuerklassiker ist jedoch mehr als nur eine packende Geschichte über Freundschaft und Mut, sondern auch ein deutlicher Aufruf gegen Intoleranz und für eine respektvollen Umgang mit der Natur und ihren Geschöpfen. Lindgren zeigt den Kleinen wie auch den Großen, wie das geht mit dem Sichvertragen in harten Zeiten.
Die Fahrt mit dem Reisebus ins Staatstheater nach Stuttgart begann um 7:50 Uhr an der Realschule in Rheinmünster und endete dort um 17:30 Uhr.
Mit etwas Verspätung, aufgrund den vielen Staus auf der A5 und A8, konnten alle Schüler:innen im großen Saal des Schauspielhauses Platz nehmen und erwarteten gespannt die moderne Interpretation des Jugendbuchklassikers.
Ronja kommt in einer stürmischen Gewitternacht zur Welt, die durch einen Blitzeinschlag fortan die Burg in zwei Burghälften teilt. Auf dieser Burg lebt die Räuberbande, die von Ronjas Vater angeführt wird. Im Schutz dieser rauen und liebevollen Bande wächst Ronja auf. Als Ronja elf Jahre alt ist, beginnt sie die Welt auf eigene Faust zu erkunden und schließt Freundschaft mit einem fremden Jungen. Birk ist der Sohn von Borka, dem Anführer des Erzfeindes von Ronjas Vater. Dieser und seine Räuberbande haben sich ungefragt in der zweiten Burghälfte eingenistet. Und es kommt, wie es kommen musste. Die Freundschaft zwischen Ronja und Birk bleibt nicht unentdeckt. Um dem elterlichen Zorn zu entfliehen, beschließen die beiden in Wald abzuhauen, aber auch dort lauern allerhand Gefahren und Abenteuer auf sie.
Im Bühnenbild erinnert die Burg von Ronjas Vater Mattis und dessen Ehefrau Lovis, eher an moderne Pixelspielwelten wie Minecraft als an das ruppige, dunkle Mittelalter. Eine stilisierte Ziegelwand in grell, poppigen Neonfarben mit spärlich, modernen Möbeln ersetzt die zugige Burg aus grauer Vorzeit. Statt schwerer Holztische, und hölzernen Schemeln und verlauster Bärenfelle, gibt es mit Plüsch überzogene Stühle, orange leuchtende Treppengeländer und Neonröhren.
Musikalisch bekommt das Stück auch einen modernen Anstrich. Die clever in die Handlung eingeflochtenen Umbauten werden von wummernden Club-Beats untermalt.
Nach dem Stück bekamen die Schüler:innen noch eine Führung hinter die Kulissen des Staatstheaters. Gespannt lauschten sie den Worten von Jana und Katharina, welche die Jugendlichen durch die Maske, das Bühnenbild, die Rüstmeisterei, die Technik, die Schreinerei, die größte Kunstwerkstatt Europas und die Schneiderei führten. Beeindruckend für die Schüler:innen war, dass so eine Vielzahl an Details und Planungen nötig sind, um ein Stück gelungen auf die Bühne zu bringen. Hinter den Kulissen arbeiten über 1000 Mitarbeiter, um die Schauspieler auf der Bühne und das Stück zum Strahlen zu bringen. Geduldig beantwortete Katharina auch die zahlreichen Fragen der Jugendlichen, für die der Theaterbesuch und der Blick hinter die Kulissen des Schauspielhauses eine spannende und nicht alltäglich Erfahrung war.
Ausklang fand der Nachmittag dann noch in einem kleinen Stadtbummel durch Stuttgart. Einige Schüler.innen ließen es sich nicht nehmen, kurz über den Weihnachtsmarkt zu schlendern, der an diesem Mittwoch eröffnete und eine Runde mit dem Riesenrad zu fahren.
„Diesen Sommer“, sagte Birk und sah Ronja an, „ja, diesen Sommer werde ich bis an mein Lebensende in mir tragen, das weiß ich.“
Und mit diesem Zitat aus Ronja Räubertochter möchte ich meinen Bericht über die Theaterfahrt schließen, verbunden mit dem Wunsch, dass diese Aufführung und die Intention des Jugendbuchklassikers den Jugendlichen noch lange in Erinnerung bleiben.
Text und Bilder: Tanja Seidelmann